Autofreie Stadt: 7 Konzepte für weniger Pkws

Aufnahme von Fahrrad-Highway in Kopenhagen. Eine Frau und ein Mann fahren durch eine grüne Landschaft.
Foto: Supercykelstier.dk

Sie stinken, sind laut und nehmen jede Menge Platz weg: Autos in der Stadt killen die Lebensqualität. Wo die Smogbelastung hoch ist, fordern sie sogar Tote. Autofreie Städte wären ein Ausweg. Welche Möglichkeiten haben wir, die Anzahl an Autos einzuschränken, oder auf Null zu bringen? 

1. Superblöcke einrichten

Begegnungsstätte statt Durchfahrtsstraße: Barcelona hat es geschafft, mehrere Viertel fast komplett von Autos zu befreien. Möglich wird dies durch sogenannte Superblöcke. Diese bestehen idealerweise aus neun Einzelblöcken, in denen der Autoverkehr massiv eingeschränkt ist. Zufahrt haben nur Anwohner und Lieferanten. Andere Autofahrer werden um die Superblöcke herum geleitet. Berechtigte Autos können nicht einfach durch den Superblock fahren, sondern dürfen immer nur links abbiegen. So wird sichergestellt, dass die Fahrzeuge innerhalb des geschützten Gebiets möglichst kurze Strecken zurücklegen.

Zudem gilt ein Tempolimit von 10 bis 20 km/h, Fußgänger:innen und Radfahrer:innen haben den Vortritt. Bei zweispurigen Straßen wird eine Spur in autofreien Raum umgewandelt, Parks und Spielflächen entstehen. Das Superblock-Konzept aus Barcelona ist ein Erfolg. 2017 wurde der erste eingerichtet, insgesamt sollen mehr als 500 entstehen. Das Ziel: 60 Prozent der bisher von Autos genutzten Straßen sollen für andere Nutzungen frei werden.  

2. Pendler umsatteln

Viele Autos, die in der Stadt unterwegs sind, kommen von außerhalb. Ein beträchtlicher Anteil davon geht auf die Kappe von Pendler:innen. Wenn diese vom Auto aufs Fahrrad umsteigen, ist viel gewonnen. Vorreiter ist Kopenhagen. Im Rahmen des Projekts ”Supercykelstier” werden seit 2012 kontinuierlich Fahrrad-Highways gebaut, welche die umliegenden Gemeinden mit der dänischen Hauptstadt verbinden. Von den 60 geplanten Highways sind neun Stück bereits fertig. Insgesamt sollen 850 Kilometer Radwege entstehen, die Kopenhagen mit 30 umliegenden Gemeinden vernetzen.

Seit Projektstart ist der Anteil an Radfahrer:innen in der Stadt an Werktagen um durchschnittlich 23 Prozent angestiegen. Besonders groß ist der Erfolg auf der Farum-Route. Sie wurde 2013 eröffneten und ist 14,7 km lang. Hier beträgt der Anteil an Pendler:innen auf dem Sattel satte 68 Prozent. Auch in Deutschland wird bundesweit an Radschnellwegen gebaut. 

3. Parken erschweren

Wer Auto fahren will, der muss auch parken. Diesen Zweiheit machen sich viele Städte zunutze. Sie schaffen eine möglichst schlechte Parksituation, um Autofahrer:innen daran zu hindern, sich überhaupt hinters Steuer zu setzen. Eine weit verbreitete Variante dieser Strategie ist das Anwohnerparken: Dabei zahlen die Bewohner einer Straße oder eines Viertels eine jährliche Gebühr, um in ihr Auto dort abstellen zu dürfen. Für alle anderen, Pendler:innen, Gäste, Tourist:innen, gilt striktes Halteverbot.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, kostenpflichtige Parkplätze besonders teuer zu machen. “Abschreckung durch Kosten” kann universell, oder gezielt eingesetzt werden. In Madrid ist die Höhe der Parkgebühren an die Höhe des Schadstoffausstoßes eines Autos gekoppelt. Ermittelt wird dieser anhand des Kennzeichens, das in die Parkuhr eingegeben wird, bevor der Parkschein gelöst wird.

Die effektivste Methode besteht wohl darin, Parkplätze zu reduzieren. So geschehen in Oslo. 2019 wurden in der norwegischen Hauptstadt 700 Parkplätze ersatzlos gestrichen und durch Radwege, kleine Parks oder Bänke ersetzt. Allerdings brauchen Politiker:innen dafür ein dickes Fell: In Oslo hagelte es Morddrohungen.

4. Staugebühren erheben

Straßen sind ein öffentliches Gut, das stark nachgefragt ist. Staugebühren zielen darauf ab, die Nachfrage zu reduzieren, indem der Preis für die Straßennutzung erhöht wird. Dieses von Marktökonomen entwickelte Prinzip manifestiert sich in vielen Städten als City-Maut. Berühmt für seine Staugebühren ist London: In den 1990er Jahren verbrachten die Londoner Autofahrer:innen die Hälfte ihrer Zeit (!) im Stau.

Daraufhin wurde 2003 die Congestion Charge eingeführt. Wer die Londoner Innenstadt montags bis freitags von 7 bis 18 Uhr mit dem Auto passieren will, muss kräftig zahlen. Pro Tag fallen 15 Pfund an. Für schadstoffarme Fahrzeuge gibt es eine Ermäßigung. Die Maut hat gewirkt: Nach Einführung der Gebühr ist die Anzahl der Pkws in der Innenstadt um 33 Prozent zurückgegangen. Die Anzahl an Bussen und Taxen ist um 31 Prozent gestiegen.

5. Shared Spaces einrichten

Verkehrsberuhigung ist das Ziel von Shared Spaces. Das Planungskonzept kommt aus den Niederlanden und wurde in den 1990er Jahren entwickelt. Der Grundgedanke: Straßen sind ein gemeinsamer Raum, der gemeinsam genutzt wird; Fußgänger:innen, Radfahrer:innen und Autofahrer:innen komplett gleichberechtigt. Auf Regeln wird weitestgehend verzichtet. Es gibt auch keine Verkehrszeichen, Ampeln oder Fahrbahnspuren. Lediglich die Vorfahrtsregeln gelten noch.

Die kollektive Nutzung der Verkehrswege soll dazu führen, dass alle Akteur:innen sich rücksichtsvoll verhalten. Städte, die sich für dieses Konzept entscheiden, beziehen im Idealfall alle Interessensgruppen in die Planung ein, auch Menschen mit Behinderung. In Deutschland gibt es Shared Spaces zum Beispiel in Duisburg, Stuttgart und Brühl.

6. Autos verbieten

Es gibt Orte, an denen sind private Kfz komplett verboten. Meist handelt es sich dabei um Orte in isolierter Lage, auf Inseln oder im Gebirge, Orte ohne Durchgangsverkehr. In Deutschland sind zum Beispiel Baltrum und Helgoland autofrei. Autoverbote in Städten begrenzen sich meist auf einzelne Szenarien: Fahrzeugtypen, Gebiete oder Zeiten. In diversen europäischen Städten, darunter Antwerpen, Paris und Athen, sind Dieselautos verboten. In Oslo und Madrid ist das Autofahren in der Innenstadt untersagt. In Brüssel sind Autos an einem Tag im Jahr nicht zugelassen.

Das komplexeste Verbotssystem gibt es wohl in Mexico City: An zwei Tagen in der Woche und an zwei Samstagen im Monat darf ein Teil der Autos nicht fahren. Es gilt das Rotationsprinzip, sodass alle Fahrer:innen gleich betroffen sind. An Tagen, an denen das Fahrverbot greift, sollen zwei Millionen Autos weniger unterwegs sein.

7. Autofreie Städte neu bauen

Smog ist in China ein Riesenproblem: Mehr als eine Million Feinstaubtote gibt es dort jährlich zu beklagen. Ein Lösungsansatz: Ökostädte. Diese werden am Reißbrett entworfen und binnen weniger Jahre aus dem Boden gestampft. Ein Beispiel dafür ist Tianfu District Great City. Die Satellitenstadt in der Nähe der Millionenmetropole Chengdu wurde für 80.000 Einwohner:innen auf einer Fläche von nur 1,3 Quadratkilometern errichtet. Das Zentrum bildet ein Nahverkehrskonotenpunkt. Von dort aus soll jedes Ziel innerhalb von zehn Minuten zu Fuß erreichbar sein. Ein Park ist nie weiter als zwei Gehminuten entfernt.

Die kurzen Distanzen werden durch eine extrem hohe Einwohnerdichte ermöglicht: Diese ist mit 62.000 Einwohner:innen je Quadratkilometer etwa 16 mal so hoch wie in Berlin. Die Modellstadt wurde vom Architekturbüro Adrian Smith + Gordon Gill Architecture (Chicago) entworfen und ist Vorbild für viele weitere Ökostädte, die aktuell in China gebaut werden. 

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