Den Glauben zu verlieren ist Teil des Erwachsenwerdens. Nachdem der Weihnachtsmann dahin gerafft wurde, ist jetzt das Einzelhaus dran. Lese jetzt die letzten Worte einer Mitdreißigerin an ihren Traum vom Eigenheim.
Haus! Oh Haus! Ich träume ich von dir. Auf einer Wiese, gleich neben dem Baum, stehst du und lächelst mir zu. Zwar hab ich noch niemals in dir gewohnt, doch warst du schon immer in mir: Die ersten Striche auf dem Papier, sie handelten damals von dir. Der Vater, die Mutter, Kind Eins und Kind Zwei, vereint unter deinem Dach. Familie im Glück, so wollte ich leben. Ohne Zwietracht und Krach. Im siebten Stock, in unserem Block, saß ich und malte dich aus: Rote Fassade und grüne Tür, das war mein Bild von dir, Haus.
Als ich noch klein war, waren wir uns nah. Doch schon im Studium wurde mir klar: Du bist zwar lieb, aber teuer. Kinder wie ich, aus migrantischem Haus, scheitern schon an der Grundsteuer. Meine finanzielle Blockade trieb erste Risse in deine Fassade. Vor kurzem folgte der zweite Hieb: Du bist ein Baugrundflächendieb. Da, wo du stehst, da fehlt der Raum, für den Günstigen-Mietpreis-Traum.
Schon längst ist nicht mehr alles im Lot. Um uns da wütet die Wohnungsnot. Nur vier Personen lässt du herein. Die anderen suchen umsonst nach nem Heim. Sie suchen und suchen und suchen sich matt. Am Ende bleiben die Ränder der Stadt. Und noch was: Der Rasen, auf dem du stehst, dem mangelts an Biodiversität. Summende Bienchen, die gibt’s bei dir nicht. Bestäuber verbrennen im Gartenlicht.
Haus! Oh Haus! Hör meine Klage! Die Welt ist in einer beschissenen Lage. Du willst frei stehen? Dann lass ich dich frei. Auch wenn die Boomer es nicht verstehen: Wir müssen getrennter Wege gehen.
Evchen, das hast du so witzig geschrieben!!