Orte, die wir in jeder Stadt zuerst besuchen

Blick über New York City mit dem Hudson River

Wo geht ihr immer hin, wenn ihr in eine neue Stadt kommt und das Notwendige in Sachen Unterkunft und Besorgungen geklärt hat? Ob es um Urlaubsreisen oder den Neuanfang nach einem Umzug geht – an diesen Orten in der neuen Stadt ist unsere Redaktion zuverlässig anzutreffen:

In den Buchladen

Ein Regal in einem antiquarischen Buchladen in der Fantasyabteilung.
Waren hier die Außerirdischen am Werk? In der Fantasyabteilung eines Cambridger (MA) Antiquariats sollen Kund:innen genau das behaupten.

von Jana

Es ist egal, wohin ich gehe: Ich werde Bücher finden. Gerade, wenn ich im Urlaub bin, kaufe ich gerne ein Buch, das ich im Urlaub lese und das anschließend als Souvenir im Regal bleibt. Kein Rom ohne Feltrinelli, kein London ohne Hatchard’s. Auch, als ich zum ersten Mal in Canterbury war, bevor ich dorthin gezogen bin, habe ich mir genau angeschaut, wie die Stadt in Sachen Buchläden ausgestattet ist. Natürlich findet man mich auch schnell in einer schönen Bibliothek, aber Buchläden wären die erste Anlaufstelle. Abgesehen von der bequemen Ausrede, Bücher zu kaufen, finde ich es spannend, was es so gibt. Finde ich einen Indie-Buchladen? Second-Hand-Läden? Was verkauft sich gut? Was empfiehlt das Personal den Anwohner:innen – oder den Tourist:innen? Gibt es spannende lokale Autor:innen, von denen ich noch nie gehört habe? So ein Buchladen kann viel aussagen über den vibe der Stadt oder zumindest des Bezirks. (Und man kann Bücher kaufen.)

Ans Wasser

Blick auf Tel Aviv aus der Richtung der Altstadt von Jaffa, das Licht ist abendlich und blau-goldQuelle: Martina John
Hochhäuse im Sonnenuntergang und eine Promenade voller junger Menschen und Flaneur:innen – das Mittelmeer in Tel Aviv hatte für mich Kalifornien-Vibes.

von Martina

Wenn ich meinen Koffer im Hotelzimmer abgestellt habe, und losziehe, um die neue Stadt zu erkunden, zieht es mich als erstes da hin, wo auf dem Stadtplan die große blaue Fläche zu sehen ist. Ob es sich um einen Fluss oder einen See handelt, einen unspektakulären Industriehafen oder den Blick aufs offene Meer – Hauptsache, ich kann aufs Wasser gucken.

Das kann der Porto Antico in Genua sein oder der Hafen von Wismar, der Sonnenuntergang über der Golden Gate Bridge in San Francisco oder der Rhein in Basel – erst wenn ich gesehen habe, wie die Stadt mit ihrem Gewässer verbunden ist, habe ich das Gefühl, wirklich dort zu sein. 

Ja klar, am Wasser schießen sich die besten Fotos – Instagram-verseucht, wie ich bin, läuft das in meinem Kopf immer mit. Aber am Wasser zeigt eine Stadt auch, wie sie wirklich ist: Ist der Hafen lieblich mit Tourist:innen-freundlicher Promenade und Eiscafés oder rau mit Industrie-Docks und Kränen? Gibt es viele Brücken über den Fluss wie in London und Prag oder ein hartes Nord-Süd-Gefälle wie in Hamburg? Kann man den Sonnenuntergang bewundern oder pustet einem Ostwind ins Gesicht? Erst wenn ich diese Frage geklärt habe, habe ich die Muße, den Rest der Stadt zu erkunden.

Auf den Friedhof

Neuer jüdischer Friedhof in Prag mit Hinweisschild zum Grab Franz Kafkas.
Wo bitte geht`s denn hier zu Kafka? Der neue jüdische Friedhof in Prag weist den Weg zu seinem berühmtesten Einlieger.

von Anja

Gestorben wird immer – und überall. So makaber das klingt, zeigt der Umgang mit den Friedhöfen doch auch irgendwie den Umgang mit den Lebenden. Gerade in großen Städten sind Friedhöfe grüne Oasen, Ruheorte und Spiegel der Geschichte. Man stelle sich Wien ohne den Zentralfriedhof, Hamburg ohne Ohlsdorf oder Paris ohne Père Lachaise vor. Aber auch in kleinen Städten und Dörfern, wo der Friedhof oft noch ein Kirchhof ist, gibt es einiges zu entdecken: Liegen da Onno und Aenne oder Maria und August? Gibt es Familiennamen, die sich über den ganzen Friedhof erstrecken? Gibt es einen großen Friedhof oder viele kleine? Sind da Bilder auf den Gräbern? Stapeln sich die Urnengräber wie in Italien oder sind es ewige Erdgräber wie auf jüdischen Friedhöfen? Werden die Gräber weit nach dem Tod noch gepflegt oder steckt ein Schildchen mit dem Hinweis auf die Gestaltung durch die örtliche Friedhofsgärtnerei drin? Welche Geschichten kann ich aus den Steinen ablesen? Dann geht’s in die Stadt. Oft begegnet mir dann der eine oder andere Name vom Friedhof wieder, als Straßenname oder in der örtlichen Bäckerei.

In den Supermarkt

Ein Supermarktregal mit fünf "Popeye" Spinatdosen.Quelle: Anja Manneck
Amerikanischer geht`s kaum. „Popeye“-Spinat buhlt um die Gunst der Käufer:innen.

von Christina

Na klar, die wichtigsten Museen und Sehenswürdigkeiten lasse auch ich nicht aus, aber eine Tour durch mindestens einen Supermarkt darf für mich in keiner Stadt fehlen. Und das liegt nicht nur daran, dass ich nicht für jede Mahlzeit Restaurantpreise zahlen möchte. Lebensmittelmärkte erzählen immer, wirklich immer, Dinge über eine Region, die in keinem Reiseführer stehen. Was kaufen und essen die Menschen hier? Ist das Angebot an Convenience-Produkten riesig oder gibt es viel frisches, regionales Obst und Gemüse? In den Niederlanden zum Beispiel, wird genauso viel Brot gegessen wie bei uns, aber eher süß belegt. Daher gibt es haufenweise köstlicher süßer Brotbeläge. In den USA sind dafür phänomenale Tiefkühlgerichte zu bekommen – und dank Mikrowelle in jedem Motelzimmer auch aufzuwärmen. Es heißt Englisches Essen sei mies? Zumindest das Keksregal straft solche Aussagen sogar beim Discounter Lügen. Daneben sind an den Märkten auch gesellschaftliche Besonderheiten und Arbeitsbedingungen abzulesen: Herrschen kleine inhabergeführte Läden vor oder dominieren riesige Ketten? In den USA etwa ist menschliche Arbeit so billig, dass hier sogar Leute dafür angestellt werden, den lieben langen Tag am Ende der Kassenschlange ein “End of the Line”-Schild hochzuhalten.

Und nicht zuletzt sind besondere Lebensmittel sowieso die besten Souvenirs, weil man damit einerseits die Reise zuhause noch nachklingen lassen kann und sie andererseits nicht nutzlos im Regal verstauben.

Christina

Mag Kunst, Gemüse und Nachhaltigkeit.

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