Urbanisierung: 5 Prognosen zur Stadt der Zukunft

Flughafenhalle in Singapur: Ein Wasserfall fließt von der Glasdecke. In der Flughafenhalle wachsen Bäume.
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Im Jahr 2050 werden laut UN 70 Prozent aller Menschen in Städten leben. Was werden das für Städte sein? Wir wissen es nicht. Aber es gibt kluge Köpfe, die spannende Prognosen zu diesem Thema erstellt haben. Das sind die großen Fünf:

1. Die größte Stadt der Welt wird in Afrika liegen

Megacities mit mehr als zehn Millionen Einwohner:innen sind die Zukunft. 1950 gab es auf der Welt nur zwei solcher Riesenstädte: Tokio und New York. Heute sind es 34. Die meisten davon liegen in Asien. In Europa und den USA schreitet die Urbanisierung nur noch langsam voran.

Der Boom findet in den “Städten des Südens” statt. Die Stadt, die aktuell am stärksten wächst, ist Lagos, die Hauptstadt von Nigeria. 1950 zählte Lagos 325.000 Einwohner:innen, 2021 leben bereits knapp 15 Millionen Menschen dort. Nach Prognosen des Global Cities Institutes wird Lagos im Jahr 2100 mit 88,3 Millionen Einwohnern die größte Stadt der Welt sein.

Eine Straße im nigerianischen Lagos: Es wimmelt nur so vor Menschen und Tuktuks.Quelle: Unsplash/Muhammadtaha Ibrahim Ma'aji
 Bis zu 30.000 Menschen leben in Lagos auf einem Quadratkilometer. In Berlin sind es durchschnittlich 3.800.
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2. Der Anteil an Slumbewohner:innen wird wachsen

Die Städte der BRICS-Staaten, Schwellen- und Drittweltländern wachsen so rasant, dass lenkende Eingriffe, etwa durch Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, nur in begrenztem Maße möglich sind. Menschen, die auf der Suche nach Glück in die Großstadt ziehen, sind häufig auf sich allein gestellt.

Im Angesicht von Wohnungsnot und Armut sind viele dazu gezwungen, im öffentlichen Raum zu siedeln: auf Dächern, unter Überführungen oder in improvisierten Hütten am Rande der Stadt. Schon heute lebt die Hälfte der Megacity-Bewohner in Slums. Laut dem Zukunftsinstitut wird sich diese dramatische Situation in Zukunft zuspitzen.

Ein Slum in Bulgarien: Vor der Stadt, inmitten von Müll, stehen Baracken.Quelle: Unsplash/Niklas Liniger
Schlechte hygienische Zustände sind in Slums eine der größten Gefahren für die Bewohner:innen.
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3. West-Städte werden nicht größer, sondern dichter

Die Zeit des Flächenwachstums nähert sich in westlichen Städten dem Ende. Statt im großen Stil neue Stadtteile aus dem Boden zu stampfen, wird es darum gehen, dass wir bestehende Gebäude und Strukturen effektiver nutzen. Dabei spielen hauptsächlich zwei Strategien eine Rolle: Nachverdichtung und Umnutzung.

Um mehr Wohnraum auf der gleichen Fläche zu schaffen, werden Häuser aufgestockt, Baulücken geschlossen und ungenutzte Industrieanlagen in Wohnkomplexe umgewandelt. In europäischen Altstädten werden die für Blockrandbebauung typischen Höfe als Bauflächen für neue Häuser genutzt. Ein Paradebeispiel für Nachverdichtung ist Tokio. Die Metropole ist für ihre pragmatischen Lösungen bekannt. Tiny Houses in Baulücken zu setzen oder Wohnungen auf Dächer von Parkhäusern bauen, ist dort schon gang und gäbe.

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Dachflächen sind auch Flächen. In Tokio werden darauf Wohnungen, Sportanlagen und Parks gebaut.
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4. Städte werden sich selbst mit Energie versorgen

Aktuell verbrauchen Städte deutlich mehr Energie als sie selbst gewinnen. Sie sind auf den Import von Strom und Fernwärme angewiesen. In Deutschland ist die Energieversorgung noch weitestgehend zentral organisiert: Strom wird in Großkraftwerken produziert und quer durchs Land gelenkt. Das soll sich in Zukunft ändern: Der Strom soll dort gewonnen werden, wo er verbraucht wird; also auch in den Städten.

Das größte Potenzial für die urbane Energiewende sehen Wissenschaftler:innen in der Photovoltaik. Schon heute werden Solaranlagen als Aufbauten auf Dächern montiert. In Zukunft soll Photovoltaik von Anfang an in Bauteile von Neubauten integriert werden, zum Beispiel in Fassadenbauteile. Auf diese Weise könnten wir die Flächen, die in der Stadt zur Gewinnung von Solarenergie bereit stehen, drastisch erhöhen. Das Helmholtz Zentrum Berlin testet Solarfassaden bereits im Reallabor. Weitere Möglichkeiten, um Häuser in Kraftwerke umzuwandeln stellen Geothermie, Solarthermie und Windturbinen dar.

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 Häuser, die mehr Energie produzieren als sie verbrauchen? Gibt es schon. Zum Beispiel das Powerhouse von Snøhetta im norwegischen Porsgrunn.
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5. Städte werden seniorenfreundlich

Der demographische Wandel wird die Städte verändern. Für Menschen, die aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters körperlich eingeschränkt sind, müssen mehr Möglichkeiten zur Teilhabe geschaffen werden. Barrierefreie Wohnungen, barrierefreie Verkehrswege, mobile Dienst-, Service- und Versorgungsdienstleistungen spielen dabei eine tragende Rolle.

Während in Europa das Ziel verfolgt wird, die soziale Durchmischung in Wohnquartieren zu fördern und Ältere zu integrieren, gibt es in den USA den Trend zur Absonderung: Im suburbanen Raum entstehen Wohnsiedlungen, in denen 65+ eine Einzugsbedingung ist. Mit Ghettos haben diese Quartiere allerdings nichts gemein. Vielmehr handelt es sich um Ruhestands-Paradise, in denen zahlungskräftige Seniors beste Lebensbedingungen vorfinden: Oldie-Radiosender, Tanzkurse, Viagra-Schwarzmarkt; den Alten mangelt es an nichts. Ein Beispiel für solch eine Stadt ist Sun City in Arizona.

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30 Prozent der Deutschen werden 2050 älter als 65 Jahre alt sein.
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