Was ist eigentlich…. Blockrandbebauung?

Ansicht eines rot-weißen Altbaublocks vor blauem Himmel
Foto: Malte Fleuter

Was haben die Altbauviertel, in denen wir so gerne leben, eigentlich gemeinsam? Ob in Berlin, Hamburg, München oder fast jeder anderen europäischen Stadt, in der in 19. Jahrhundert in großem Stil Wohnraum entstand  – überall wurden diese Stadtteile in Blockrandbebauung errichtet.

Definition eines urbanen Klassikers

Früher schimpfte man über “Mietskasernen” mit dunklen Hinterhäusern und verrauchten Fluren, mit Werkstätten im Innenhof und Hinterhauswohnungen, in die kaum ein Sonnenstrahl fiel. Heute lecken sich Mieter:innen die Finger nach Altbauten mit Stuckfassade, hohen Decken und Dielenböden. Und die liegen natürlich in einer gentrifizierten Nachbarschaft mit gemütlichen kleinen Straßen, niedlichen Cafés, hippen Bars und Boutiquen. Die Blockrandbebauung erlebt ihre Renaissance.

Die Definition von Blockrandbebauung steckt eigentlich schon im Begriff: Mehrgeschossige Wohngebäude werden am Rand eines Blockes errichtet, die Mitte bleibt frei. Die Außenfassade eines solchen Blockes ist oft dekorativ mit Stuck-Ornamenten verziert, während die Innenseiten schlicht gehalten sind. Im Erdgeschoss befindet sich meist Kleingewerbe: früher die lokale Bäckerei, der Schuster oder ein Tante-Emma-Laden, heute gerne auch Cafés, Bars und Bekleidungsgeschäfte.

Heute ist der Innenhof eines solchen Blocks auch mal frei und begrünt, vielleicht gibt es sogar einen Spielplatz. Im 19. Jahrhundert befanden sich dort aber meist Werkstattgebäude  die für Lärm, Dreck und Geruch gesorgt haben. Teilweise sind die Hinterhöfe bei Blockrandbebauung auch noch in sich durch Häuserzeilen aus sogenannten Hinterhäusern untergliedert. Dort gibt es dann keine schicken Stuckfassaden mehr.  Und  je weiter sie weg sind von der Straße und dem Hauptlichteinfall, desto dunkler und weniger komfortabler wird das Ganze.

Quelle: Malte Fleuter
Schmale Straßen mit Kopfsteinpflaster lassen Altbauviertel mit Blockrandbebauung aus heutiger Perspektive gemütlich wirken.

Keimzelle der modernen Großstadt

Man kann eigentlich sagen, dass diese Form zu bauen mit der Idee der Großstadt entstanden ist. Denn schon die “Insulae”, die Mietskasernen im alten Rom, waren ähnlich angelegt. 

Ihre große Zeit hatte die Blockrandbebauung dann im 19. und frühen 20. Jahrhundert, als im Zuge der Industrialisierung schnell im großen Stil Wohnraum in den europäischen Städten geschaffen werden musste. Ziel dieser Bauweise war es damals, so viele Wohnungen und Handwerksbetriebe wie möglich auf möglichst wenig urbaner Fläche unterzubringen. Ein Meilenstein auf diesem Entwicklungsweg war die Verdichtung von Paris unter der Ägide des Stadtplaners Georges-Eugène Haussmann zwischen 1853 und 1870, die vielen europäischen Metropolen zum Vorbild diente.

In Deutschland ist in Hinblick auf Blockrandbebauung auch von Gründerzeitvierteln die Rede – architektonisch ist damit in der Regel nicht nur der tatsächliche Gründer-Boom kurz nach Entstehung des deutschen Reichs 1870/71 gemeint,  sondern die gesamte Zeitspanne bis 1914, als die typischen Altbauten im historistischen Stil entstanden.

Eckgebäude eines Altbaublocks vor rosafarbenen SonnenuntergangshimmelQuelle: Malte Fleuter
Heute sehen wir die Altbauviertel gerne romantisiert durch die rosarote Brille – aber manchmal sind sie doch auch einfach nur schön…

Von der Blockrandbebauung zur Zeilenbebauung

Nach dem Zweiten Weltkrieg öffnete sich die architektonische Struktur der Städte. Teilweise passt sich die wiederaufgebaute Nachkriegsarchitektur zwar noch in die Strukturen der Blockrandbebauung ein. So gibt es in den meisten deutschen Städten Straßenzüge mit kompakten 50er- oder 60er-Bauten, die den alten Blockverläufen der Wohnquartiere folgt. Trotzdem begannen sich die Stadtviertel zu verändern: Das neue Prinzip urbaner Wohnblock-Architektur war nicht der Block, sondern die Zeile.

Die Zeilenbebauung war als Gegenentwurf zur Blockrandbebauung gedacht: Statt kompakt im Block stehen die Häuser jetzt in langen Reihen im rechten Winkel zur Straße. Nur die kurze Seite des Blocks trifft auf die Straßenseite. Hauseingänge, Balkone und Fenster öffnen sich zu begrünten Zwischenräumen, die durch Fußwege erschlossen werden.

Wo finde ich Blockrandbebauung?

  • In Hamburg: Zum Beispiel in Eimsbüttel, dem Schanzenviertel, St. Pauli, Eppendorf, Winterhude und Ottensen. Aber auch im Reiherstiegviertel in Wilhelmsburg oder im Harburger Phoenix-Viertel.
  • In Berlin: Zum Beispiel um die Kastanienalle im Prenzlauer Berg, in Nord-Neukölln, im Bergmannskiez oder rund um die Oranienstraße in Kreuzberg, in Friedrichshain nördlich und südlich der Frankfurter Allee, in Charlottenburg um den Savignyplatz.
  • In München: Zum Beispiel in Schwabing, Bogenhausen und Pasing.
  • In Hannover: Zum Beispiel in  Linden, in der List oder in der Nordstadt.
  • In Kiel: Zum Beispiel rund um die Holtenauer Straße, im “Stinkeviertel”, aber auch in Gaarden.
  • In so ziemlich jeder deutschen Stadt, in der imn 19. Jahrhundert rege gebaut wurde.

Martina

Mag Architektur, Tiere und Internetkultur

1 Kommentar

  1. […] Industrieanlagen in Wohnkomplexe umgewandelt. In europäischen Altstädten werden die für Blockrandbebauung typischen Höfe als Bauflächen für neue Häuser genutzt. Ein Paradebeispiel für Nachverdichtung […]

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