6 Bücher, die die Giersch-Redaktion zu Weihnachten verschenken würde

Cover der Monk and Robot Bücher von Becky Chambers
Foto: Jana Wekel

Was verschenkt sich zu Weihnachten besser als tolle Bücher? Hier kommen ein paar Tipps aus der Giersch-Redaktion mit unseren Favoriten zu den Themen Stadt und Natur.

1. Thomas Halliday: „Otherlands: A World in the Making“ (Sachbuch, 2022)

Eine Hand hält das Buch "Otherlands" von Thomas Halliday vor ein RegalQuelle: Martina John

Tipp von Martina

„Otherlands“ ist tatsächlich ein Buch, das ich aufgrund des Covers gekauft habe. Es stand im English Bookshop bei Dussmann im Regal und das Farnblatt auf dem Titel fand ich so schick, dass ich mir das Buch genauer angeschaut habe – und festgestellt habe, dass das Thema extremely relevant to my interests ist. Ich mag Nature Writing und ich mag populärwissenschaftliche Abhandlungen über Naturphänomene (wie Merlin Sheldrakes „Entangled Life“ über Pilze, ein anderer meiner Favoriten). Und ich hatte als Kind ein Poster mit den prähistorischen Erdzeitaltern im Zimmer hängen und könnte, wenn man mich nachts um drei aus dem Schlaf reißt, vermutlich immer noch auswendig aufsagen, dass Kambrium, Ordovizium und Silur aufeinander folgen.

„Otherlands“ bringt genau diese Dinge zusammen. Denn Autor Thomas Halliday nimmt uns mit auf eine Reise durch die verschiedenen Biotope der Erdgeschichte. Der Clou: Statt in der Ursuppe vor 3,5 Milliarden Jahren zu starten und sich dann bis zur Entstehung der Menschen und unserer Gegenwart vorzuarbeiten, reisen wir rückwärts.

Das Buch beginnt in Alaska mit einem Blick auf die eiszeitliche Mammut-Steppe, in einer Welt, die noch ziemlich nah an der ist, die wir heute kennen – und bewegt sich von dort rund um den Erdball immer weiter in der Zeit zurück, bis wir vor 550 Millionen Jahren bei Felsformationen in Australien landen, die Zeugen der unvorstellbar weit zurückliegenden Geburt unseres Planeten und der allerersten Lebensformen sind.

Dazwischen treffen wir auf Riesenpinguine, gigantische Pilze, Flugsaurier, kristalline Schwämme, Dschungel in der Antarktis und ein Mittelmeer ohne Wasser. Auf der Reise zurück in „deep time“ werden wir immer wieder mit dramatischen Veränderungen konfrontiert, die die Ökosysteme, die wir soeben kennengelernt haben, auch wieder vergehen lassen: Ökologischen Katastrophen wie der bekannten Meteoriten-Einschlag am Ende der Kreidezeit oder das Massenaussterben an der Perm-Trias-Grenze vor 252 Millionen Jahren, das 75% der Landtiere vernichtete. Der Brückenschlag zum menschengemachten Klimawandel liegt da nahe und wird auch immer wieder thematisiert.

Das Buch sensibilisiert dafür, wie kurz wir Menschen eigentlich erst auf dem Planeten existieren und was für eine unvorstellbare Vielfalt an Leben vor uns kam und auch nach uns kommen wird. Denn trotz allem lässt einen „Otherlands“ nicht nur mit einem Appell zur Bewahrung der ökologischen Vielfalt unserer Gegenwart zurück, sondern auch mit einer melancholisch-optimistischen „Life finds a Way“ Botschaft.

„Otherlands“ wurde inzwischen auch ins Deutsche übersetzt und sollte in jeder gut sortierten Buchhandlung zu finden sein.

2. Uwe Timm: „Die Entdeckung der Currywurst“ und „Am Beispiel meines Bruders“ (Romane, 1993 und 2003)

Zwei Romane von Uwe Timm in einem RegalQuelle: Anja Manneck

Tipp von Anja

Viele kennen Uwe Timm von Kinderbüchern wie „Rennschwein Rudi Rüssel“ und „Schatz auf Pagensand“. Das Buch, das ich Euch heute unter den Weihnachtsbaum wünsche, ist auch gar nicht neu. Meine Ausgaben haben schon ein paar Ecken, mehrfach gelesen, immer wieder anders: In den Büchern steckt ganz viel Hamburg und deshalb passen sie hier gut.

„Am Beispiel meines Bruders“ ist keine leichte Kost, erzählt es doch autobiographisch die Geschichte von Timms 16 Jahre älterem Bruder Karl-Heinz, der sich freiwillig zur Waffen-SS meldete und in einem Lazarett in der heutigen Ukraine starb. Was der Tod mit seiner Familie machte, wie der große Bruder abwesend und anwesend zugleich die gesamte Kindheit bestimmte. Gleichzeitig geht es um Hamburg im Krieg und der Nachkriegszeit. Die SS-Kasernen waren am Ochsenzoll, die brennende Osterstraße, Alsterpavillion, Sankt Pauli, natürlich. Lesenswert macht den Text die Sicht des Nachgeborenen, dessen, der sich eben kaum erinnern kann, der Fragen stellt, die erst gestellt werden können, als die anderen Familienmitglieder verstorben sind.

Hoffnungsvoller, optimistischer und ebenfalls mit einer großen Portion Hamburg ist „Die Entdeckung der Currywurst“. Ausgehend vom Großneumarkt wird von der Entdeckung der Currywurst und vom Ende des zweiten Weltkrieges in Hamburg erzählt. Lena Brückner nimmt den Fahnenflüchtigen Hermann Bremer bei sich auf, verschweigt ihm aber das Ende des Krieges, um ihn bei sich zu behalten. Als er die Wahrheit erfährt, trennen sich ihre Wege, ohne dass sie sich noch einmal wiedersehen. Durch ein Tauschgeschäft erhält Lena Brückner Tomatenketchup und Currypulver, mit dem sie zunächst wenig anfangen kann. Durch einen Unfall entdeckt sie die Currywurst, mit der sie fortan ihren Lebensunterhalt bestreitet.

Für alle, die Timms klare Sprache und noch viel mehr Hamburg mögen!

3. Donna Tartt: „The Goldfinch“ (Roman, 2014)

Das Buch "Der Distelfink" von Donna Tartt in einem RegalQuelle: Christina Grevenbrock

Tipp von Christina

Wenn ich Donna Tartt lese, wünsche ich mir immer, nie beim Schluss anzukommen. Andere Bücher möchte ich zuende lesen, egal, wie sehr sie mich fesseln. Nur bei Donna Tartt ist das anders, ihr feiner und präziser Schreibstil ist etwas zum Genießen und Auskosten. Egal wie spannend ihre Geschichten auch sind, für mich ist sie vor allem anderen die Meisterin der Atmosphäre.

Sie beschreibt Orte und Situationen so plastisch, dass sie wie lebensecht vor der eigenen Vorstellung stehen. Beim Lesen steht man mit dem Protagonisten Theodore Decker mitten in New York City, wo er bei einem Bombenanschlag auf das New Yorker Metropolitan Museum seine Mutter verliert. Hier nimmt er, nur leicht verletzt, aber verwirrt, das titelgebende Gemälde des niederländischen Malers Carel Fabritius mit. Es begleitet ihn durch allerlei Wirren, neben dem kalten, grauen New York auch durch die flirrend heißen, geisterhaften Vorstädte Las Vegas’ und das nächtliche Amsterdam.

Absolut empfehlenswert für Menschen, die Städte und Literatur lieben!

4. Becky Chambers: Monk & Robot Reihe (Novellen, 2021 und 2022)

Cover der Monk and Robot Bücher von Becky ChambersQuelle: Jana Wekel

Tipp von Jana

Wer in eine Welt abtauchen möchte, in der nicht alles schrecklich ist, wird bei der „Monk & Robot“ Reihe von Becky Chambers fündig. In „A Psalm for the Wild-Built“ trifft tea monk Dex in der Wildnis einen Roboter, obwohl es eigentlich keine Roboter mehr geben sollte. Die Fortsetzung, „A Prayer for the Crown-Shy“, zeigt mehr von der Solarpunk-inspirierten Welt, in der die Menschen wieder auf community und Nachhaltigkeit setzen.

So schön Solarpunk als Konzept ist, stellt sich doch die Frage, wie man eine spannende Geschichte erzählt in einer Welt, in der typische Konflikte wie Probleme im Job oder ein anderer Mangel eigentlich keine Rolle mehr spielen.

Hier klappt das hervorragend: Dex ist zwar nicht in der eigenen Existenz bedroht, zieht aber in die Wildnis, um herauszufinden, was im eigenen Leben fehlt. Für alle Grundbedürfnisse gesorgt – aber warum ist das nicht genug für Dex? Dazu passt auch die Frage, auf die der Roboter eine Antwort sucht: Was brauchen die Menschen?

Entlang dieser Fragen erzählt Becky Chambers eine atmosphärische (um nicht zu sagen cozy) Geschichte, die ich nur wärmstens empfehlen kann. Ins Deutsche übersetzt wurde die „Monk & Robot“ Reihe leider noch nicht, aber die „Wayfarers“ Reihe der Autorin schon. Wir können also damit rechnen, dass es auch diese beiden Novellen bald auf Deutsch geben wird.

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