Zugegeben, Italien ist nicht gerade das kreativste Wunschreiseziel. Strandurlaub im Sommer ist zwar nicht so mein Ding, aber ich war, dem Latinistik-Studium sei Dank, schon öfter in Italien – vor allem in Rom. Aber gerade für Fans der (Spät-)Antike wie mich ist auch die Stadt Ravenna hochinteressant.
Die historische Hauptstadt an der Adria
Wann Ravenna genau gegründet wurde, ist nicht klar. Zu besonderer Bekanntheit gelangte die Stadt, als Kaiser Honorius im Jahr 402 n. Chr. die Hauptstadt des weströmischen Reiches von Mailand nach Ravenna verlegte. Die Wahl fiel wohl aufgrund der geographischen Lage auf Ravenna – die Stadt war gut geschützt durch ihr sumpfiges Umland und eine Mauer.
In den Jahren und Jahrzehnten danach wurden in Ravenna zahlreiche Gebäude errichtet, um diesen neuen Status als Hauptstadt zu zementieren, insbesondere von Honorius’ Halbschwester Galla Placidia. Ihr Mausoleum ist heute eins der insgesamt acht frühchristlichen UNESCO-Weltkulturerbestätten in Ravenna. Deswegen kommen also Fans der Spätantike (eine sowieso völlig unterschätzte Epoche der europäischen Geschichte) an dieser Stadt nicht vorbei.
Auf den Spuren von Theoderich und Dante
Im Jahr 476 n. Chr. mag der letzte weströmische Kaiser, Romulus Augustulus, abgesetzt worden sein, aber deswegen ist das römische Reich nicht restlos untergegangen. Das oströmische, byzantinische Reich um Konstantinopel bestand schließlich weiterhin (bis 1453) und auch die ostgotische Herrschaft in Westeuropa brach nicht mit aller römischer Tradition. So behielt auch die Stadt Ravenna ihre herausragende Stellung bei.
Bezeichnend dafür ist das vielleicht bekannteste Bauwerk in Ravenna, die Basilica San Vitale, die im Jahr 547 n. Chr. eingeweiht wurde und bis heute für seine goldenen, byzantinischen Mosaike berühmt ist. Neben zahlreichen biblischen Motiven sind in den Mosaiken der ostgotische Kaiser Theoderich und der byzantinische Kaiser Justinian abgebildet.
Übrigens: Auch für die etwas jüngere Geschichte ist Ravenna interessant. Der Dichter Dante Alighieri liegt zum Beispiel hier begraben.
Urlaub im (Klima-)Wandel
Nun ist es nicht selten, dass Deutsche im Sommer an die Adria fahren. Solche Pläne habe ich auch dieses Jahr mehrfach von Freund:innen und Kolleg:innen gehört. Allerdings dieses Jahr mit einem wichtigen Zusatz: „Wenn das überhaupt geht!“ Im Mai 2023 sorgten nach langer Dürre heftige Regenfälle für Überschwemmungen in der Emilia-Romagna. Land, Straßen und Städte, auch Ravenna, standen unter Wasser. Mehrere Menschen starben.
Auch im Sommer hatte Italien es nicht leicht, Stichwort Hitzewelle am Mittelmeer (die Adria-Region hatte keine so große Hitze, dafür Unwetter). Was die zunehmenden Temperaturen und Extremwetterereignisse für Regionen bedeuten, die unter anderem auf den Tourismus angewiesen sind, ist offen.
Höchste Zeit also für mich, nach Ravenna zu reisen – aber definitiv nicht im Hochsommer.