In Zeiten des Klimawandels nehmen Starkregenereignisse, Dürren und Stürme zu. Das ist auch für unsere Städte und ihre Bewohner:Innen ein Problem. Abhilfe soll das Konzept der Schwammstadt oder Sponge City bringen.
Was passiert mit dem Regen in der Stadt?
Immer mehr Menschen leben in Städten. Wo sie hinziehen, werden Häuser gebaut, Plätze gepflastert und Straßen asphaltiert. Dadurch wird immer mehr Fläche versiegelt, hier kann kein Regenwasser mehr im Boden versickern und in den natürlichen Wasserkreislauf eingehen und die Grundwasserreservoirs füllen. Stattdessen wird das Niederschlagswasser mithilfe von Drainagen, Rohren, der Kanalisation und großen unterirdischen Reservoirs möglichst schnell aus der Stadt entfernt. Schon kurz nach einem normalen Regenfall ist das meiste Wasser raus aus der Stadt.
Was im ersten Moment eigentlich ganz gut klingt, wird in heißen Sommern und Trockenperioden zum Problem. Stadtbäume und Grünflächen brauchen schließlich Wasser. Sie müssen dann aufwendig bewässert werden oder die Pflanzen gehen ein.
In Zeiten von Wetterextremen gerät dieses System erst recht an seine Grenzen. Bei Starkregenereignissen, bei denen mehr als fünf Liter Wasser pro Minute bzw. 17 Liter pro Stunde und Quadratmeter fallen, laufen die Kanalisationen voll und die Städte überfluten. Dabei entstehen massive Schäden, gelegentlich kam es sogar schon zu Todesfällen.
Was ist eine Schwammstadt?
Das Konzept von „Sponge cities“, also Städten, die wie Schwämme Regenwasser aufsaugen, wurde Anfang der 2000er-Jahre in China entwickelt. Als Antwort auf verheerende Überflutungen in Städten ist es seit 2014 offizielles Planungsziel der chinesischen Regierung und wurde auch in anderen Ländern adaptiert. Städte sollen so gestaltet sein, dass sie bei Regenfällen das Wasser aufnehmen können und nach und nach wieder abgeben.
Möglichst wenig Wasser soll wie Müll in die Kanalisationen „entsorgt“ werden. Regenwasser wird stattdessen als wertvolle Ressource behandelt und genutzt. Niederschlagswasser wird gespeichert oder kann versickern und wird so wieder sinnvoller Teil des lokalen Wasserkreislaufs.
Was sind Hitzeinseln?
Wenn immer mehr Flächen in der Stadt versiegelt sind, wird weniger Wasser in der Stadt gehalten. Das führt auch dazu, dass die Städte trockener werden. Je trockener aber die Städte sind und je weniger Pflanzen dort wachsen, desto ausgeprägter ist auch das Phänomen der Hitzeinseln.
Der Hitze- oder Wärmeinseleffekt beschreibt den Umstand, dass es in Städten durchschnittlich zwischen 1 °C und 12 °C wärmer ist als im Umland. Das mag bei milden Temperaturen ja vielleicht sogar ganz angenehm sein, bei hochsommerlichen Temperaturen wird dieser Effekt aber für viele Städter:Innen gefährlich.
Die Asphalt-, Glas und Steinoberflächen im urbanen Raum reflektieren und speichern Wärme, sodass die Umgebungstemperatur dauerhaft steigt. Dies wird vor allem in ohnehin heißen Sommern zum Problem, das durch den erhöhten Einsatz von Klimaanlagen und deren Abwärme noch verschärft wird. Der Klimatrend zeigt auch, dass unsere Sommer auf absehbare Zeit immer wärmer und trockener werden. Hier könnten mehr Pflanzen in der Stadt Abhilfe schaffen. Gesunde Grünflächen erhalten nicht nur die Biodiversität in Städten, sie verbessern auch das Stadtklima.
Was sind die Vorteile eines Wassermanagements nach dem Schwammprizip?
Je erratischer das Wetter wird – manchmal fällt viel zu viel Regen auf einmal, dann wieder ewig keiner – und je heißer und trockener die Sommer, desto deutlicher wird auch, dass das herkömmliche Wassermanagement nicht mehr ausreicht, die Bedürfnisse der Städte zu erfüllen. Damit ist nicht allein die absurde Notwendigkeit gemeint, Stadtpflanzen mit Trinkwasser gießen zu müssen, weil das Regenwasser aus den Städten herausbefördert wurde. Dazu gehören auch der gefährliche Hitzeinseleffekt und die Gefahren durch Überflutungen bei Starkregen.
Das Prinzip der Schwammstadt bietet auf alle drei Gefahren Antworten:
- Indem Niederschlagswasser an Ort und Stelle versickert oder gespeichert werden kann, gerät weniger Wasser in die Kanalisation.
- Starkregen kann so besser abgepuffert werden.
- Das Wasser steht den Pflanzen in der Stadt zur Verfügung bzw. werden neue Grünflächen erschlossen, um das Niederschlagswasser aufsaugen und die Stadt durch langsame Verdunstung und Schatteneffekte herunterkühlen und vor Hitzeinseleffekten schützen zu können.
Eine Win-Win-Win-Situation.
Was muss passieren, damit eine Stadt zum Schwamm wird?
Damit eine Stadt Schwammstadt wird und Niederschlagswasser aufsaugen kann, müssen Böden entsiegelt, also wieder wasserdurchlässig gemacht werden und Flächen entstehen, auf denen Wasser in Ruhe versickern oder gespeichert werden kann. Ganz praktisch bietet es sich dabei an, zunächst Neubauten und Sanierungsflächen ins Visier zu nehmen.
Damit das Wasser versickern kann, muss der Boden locker und aufnahmefähig sein. Rinnen und Mulden sammeln das Nass dort, wo es benötigt wird, zum Beispiel in Parks oder an Straßenbäumen. Rasengittersteine sorgen dafür, dass öde Parkplätze einen Mehrwert bekommen. So werden sie zusammen mit naturnahen Schulhöfen, durchlässigen Sportplätzen und Parks zu Speichern für Regenwasser. Teiche, oberirdische Rückhaltebecken und unterirdische Regenwasserspeicher können helfen, größere Mengen Regenwasser aufzunehmen.
Gründächer nehmen den Niederschlag vor Ort auf, sodass die Pflanzen und das Mikroklima direkt davon profitieren. Pflanzen an Fassaden nehmen die wertvolle Ressource auf und sorgen durch Schatten und Verdunstungskühle im Sommer für angenehmes Stadtklima.
Wo finde ich Schwammstädte?
Online: Die Website der Regenwasseragentur Berlin bietet viel Wissenswertes und praktische Beispiele zur Planung und Umgestaltung von Stadträumen.
In echt: Beim Schwammprinzip ist China Vorreiter, zahlreiche Städte werden hier entsprechend umgestaltet. Eine Liste ist hier zu finden.
In Deutschland sind Berlin und Hamburg Pionierstädte des Schwammstadt-Prinzips.