Nicht nur die Architektur und die Menschen, die sie bewohnen, drücken einer Metropole ihren Stempel auf. Auch Straßenbäume prägen das Bild einer Stadt. Wir stellen sechs Großstädte aus Europa und den USA mit ihren typischen Baumarten vor.
Man merkt erst, wie wichtig sie für das Gesicht einer Stadt waren, wenn sie weg sind: Straßenbäume sehen nicht nur schön aus, sie spenden auch Schatten, regeln durch Verdunstung über ihre Blätter die Temperatur und sie helfen sogar, den Verkehrslärm zu reduzieren. Gut geht es den Bäumen, die die Verkehrswege säumen, dabei eher selten – Abgase, zu wenig Wuchsraum für ihre Wurzeln und Beschädigungen der Rinde setzen den Straßenbäumen zu. Im Baum-Bestseller “Das geheime Leben der Bäume” werden sie sogar als vernachlässigte “Straßenkinder” anthropomorphisiert.
Aber was wächst da eigentlich genau in unseren Städten? Straßenbäume gibt es rund um die Welt – aber auf den Straßen und Plätzen der Metropolen der unterschiedlichen Regionen und Klimazonen flanieren wir unter ganz unterschiedlichen Baumarten. Wir haben uns sechs Städte in Europa und Nordamerika genauer angeschaut.
1. Berlin: Von Unter den Linden zur Kastanienallee
“Unter den Linden” ist sowohl in Berlin als auch in ganz Deutschland Programm. Denn die Linde ist mit 24 Prozent der häufigste Straßenbaum in der Bundesrepublik. Sie erfüllt alle Kriterien, die für einen Straßenbaum wichtig sind: eine hohe Schadstoffresistenz, eine robuste Borke und möglichst wenig Totholz, das von der Stadtreinigung entsorgt werden muss. Ebenfalls beliebt an deutschen Straßen sind Rosskastanien, Ahorn, Eichen und Platanen. Eine schöne Auflistung der Straßenbäume in Berlin und der vielen botanischen Straßennamen findet ihr hier.
2. Paris: Platanen, Parks und Boulevards
Ab der Mitte des 19. Jahrhundert wandelte Paris sich unter der Ägide des Stadtplaners Georges-Eugène Haussmann vom mittelalterlich geprägten Gassenlabyrinth zur modernen Großstadt der Parks und Prachtstraßen. Wie in den deutschen Metropolen sind auch Pariser Boulevards oft von Linden gesäumt, an der Seine wachsen auch Rosskastanien – und natürlich die Platanen, die unter anderen die Champs Elysées rahmen. In der französischen Hauptstadt ist besonders die auch als London-Plantane bekannte Ahornblättrige Plantane (Plantanus x acerfolia) verbreitet.
Der älteste Baum von Paris ist übrigens “Le Robinier du square René-Vivani” im 5. Arrondissement – eine Robinie, die im Jahr 1601 gepflanzt wurde. Und die Kastanien im Jardin du Luxemburg wuchsen aus Samen, die US-Präsident Thomas Jefferson Anfang des 19. Jahrhunderts von seinem Landgut Monticello in Virginia schickte.
3. New York City: Mehr Grün trotz wenig Platz
Im Vergleich zu den oft großzügig begrünten europäischen Städten erscheinen die Straßen von Manhattan als Steinwüste. Im zentralsten der fünf New Yorker Boroughs ist abseits des Central Parks schlechtweg kaum Platz für Grün. Projekte wie der 2006 bis 2019 auf einer alten Güterzugtrasse errichtete High Line Park ändern dies nur langsam.
Häufigste Baumspezies in Manhattan und der nördlich anschließenden Bronx ist die auf dem nordamerikanischen Kontinent heimische Amerikanische Gleditschie (Gleditsia triacanthos). In den weit weniger dicht bebauten Boroughs Brooklyn und Queens ist es die Ahornblättrige Platane – sie ist auch der häufigste Straßenbaum der gesamten Metropole – und in Staten Island die Chinesische Wildbirne. Eine ausführliche Übersicht der New Yorker Straßenbäume, auf der ihr euch sogar bis an einzelne Bäume heranzoomen könnt, findet ihr hier.
4. London: Von Bergahorn, einer königlichen Eiche und dem Tod einer Zedar
Auch in London prägen Platanen (Platanus) das Stadtbild. Am häufigsten unter den Straßenbäumen der britischen Hauptstadt ist jedoch der Bergahorn (Acer pseudoplatanus) vertreten, gefolgt von der englischen Eiche (Quercus robur) und der Gelbbirke (Betula alleghansiensis).
Zu den bekanntesten Baumpersönlichkeiten der Metropole zählt die um die 750 Jahre alte “Royal Oak” in Richmond Park. Bis vor kurzem konnte man im verwilderten Westteil des Highgate Cemetary außerdem die verwunschene, über 200 Jahre alte “Cedar of Lebanon” bewundern, die 2019 aufgrund von Krankheit und Einsturzgefahr leider gefällt werden musste.
5. Los Angeles: Palmen statt Platanen
Bei L.A. denkt man natürlich sofort an palmengesäumten Strände und Boulevards unter kalifornischer Sonne. Bei den hohen schlanken Palmen – die aus der Szene “Beverly Hills Cop”-Szene, die in “Shrek II” parodiert wurde – handelt es sich in der Regel um Washingtonie robusta – die mexikanische Washingtonpalme, die häufigste Palmenart von L.A., oder Washingtonia flilfera, die kalifornische Washingtonpalme.
Häufig in der City of Angels anzutreffen sind außerdem die Canary Island Date Palm (Phoenix canariensis) und der Orangenbaum (Citrus x sinensis), der schon von den spanischen Missionaren Anfang des 19. Jahrhunderts an der Pazifikküste gepflanzt wurde. Mehr zu den Bäumen in Los Angeles findet ihr auf dieser schön bebilderten Übersicht.
6. Rom: Pittoreske Pinien mit Problemen
Palmen gibt es in Rom auch – allerdings nur als importierten Pflanzenbestand, der im mediterranen Klima der italienischen Hauptstadt gut gedeiht. Geprägt wird das römische Stadtbild vor allem von den markanten Silhouetten der Pinie (Pinus pinea) mit ihren schmalen Stämmen und breiten Kronen.
Zwar gehören sie seit der Antike zum Stadtbild, viele Pinien wurden allerdings unter dem faschistischen Mussolini-Regime gepflanzt – und seit einigen Jahren sind gerade diese 80 bis 90 Jahre alten Bäume zu einem Sicherheitsproblem geworden. Sie wurzeln sehr flach, sodass alte Exemplare, die nicht gestutzt und gepflegt werden, bei Wind aus dem Gleichgewicht geraten und leicht umstürzen. Darüber hinaus setzt auch ein neuer Parasit, eine eingeschleppte Schildlaus-Art, den ikonischen Bäumen zu.
Neben den Pinien treffen wir auch in Rom auf die Platane, wie sie zum Beispiel entlang der Ufer des Tibers wächst. Typisch für die Ewige Stadt sind außerdem die dunklen Säulen der Mittelmeer-Zypressen (Cupressus sempervirens), die robusten Thya-Lebensbäume und die Orangenbäume auf dem Aventin.