Wenn man Leute fragt, in was für einem Haus sie in der Stadt gerne leben würden, dann sagen viele: in einem Altbau! Vielleicht auch in einem (Reihen)haus, wenn es eher in Richtung Stadtrand geht. Wahrscheinlich keine häufige Antwort wäre: in einem Plattenbau! Dabei waren die Gebäude zu DDR-Zeiten sehr beliebt. Wir werfen einen Blick auf die Geschichte der „Platte“.
Eines der handfesten Probleme der DDR war der Wohnungsmangel. Viele Städte waren vom zweiten Weltkrieg zerstört und das Land kam mit dem Bauen nicht hinterher. Neubauten sollten deswegen günstiger werden – und schneller. Besonders virulent wurde die Frage im Jahr 1972, als die SED sich das Ziel „Jedem eine eigene Wohnung“ auf die Fahnen schrieb und ein massives Wohnungsneubauprogramm auflegte, vor allem an den Stadträndern.
Plattenbauten gab es natürlich schon vor den 1970ern. Erste Ideen zum Bauen mit industriell vorgefertigten Teilen hatte Walter Gropius schon in den 1920er Jahren. In der DDR wurden zunächst Plattenbauten des Typs P2 gebaut, in denen noch Sonderbauteile verarbeitet wurden.
Im Jahr 1970 entwarfen Wilfried Stallknecht und Achim Felz dann die WBS 70 (Wohnungsbauserie 1970), die komplett aus Fertigbauteilen errichtet werden konnte. Die WBS 70 wurde zu einem sehr verbreiteten Typ des Plattenbaus: Über zwei Millionen Wohnungen wurden so in der DDR geschaffen.
In der Hellersdorfer Straße 179 in Berlin (U5 Cottbusser Tor) kann man so eine WBS 70 Wohnung übrigens auch heutzutage noch mit original 70er-Jahre Einrichtung besichtigen.
Beliebte Neubauten
Die neuen Plattenbauten – zu der Zeit meist einfach „Neubauten“ genannt – waren extrem beliebt bei der Bevölkerung. Die Miete war billig und jede Wohnung hatte Warmwasser und Fernwärme: Schluss also mit dem Kohleschleppen, das in den heute so beliebten Altbauten damals noch oft notwendig war. Anfangs wurden die neuen Viertel mit Schulen, Kaufhallen und Freizeiteinrichtungen geplant – alles sollte nah beieinander sein.
Plattenbauten gab es natürlich nicht nur in der DDR. West-Deutschland hatte seine Trabantensiedlungen und auch in anderen Ländern – nicht nur in Ost-Europa – sind bis heute ganze Viertel von Plattenbauten geprägt. Ein Plattenbau namens Falowiec in Danzig, zum Beispiel, ist fast einen Kilometer lang und damit eins der größten Gebäude Europas.
Sanierungsprobleme und Chancen
Ein Problem mit der schnellen und vor allem günstigen Bauweise wurde allerdings bald offensichtlich: Die Gebäude wurden schnell sanierungsbedürftig und sind es teilweise bis heute. Viele Plattenbauviertel standen nach der Wende leer, weil ehemalige Anwohner:innen wegzogen.
Viel wurde abgerissen, zum Beispiel in Suhl-Nord in Thüringen. Immerhin soll dort nun ein neuer Stadtteil für Gewerbe und Forschung entstehen – CO2-neutral. Auf einem Forschungscampus soll vor allem zu nachhaltigen Energien und auch Städtebau geforscht werden. Thüringen erhofft sich davon eine Revitalisierung der Gegend.
Plattenbauten heute
Überhaupt ist Energieeffizienzdas richtige Stichwort. In Berlin-Hellersdorf wurde 2001 das Kompetenzzentrum Großsiedlungen ins Leben gerufen, um die Plattenbausiedlungen zu erhalten und weiter zu entwickeln. Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf energetischen Sanierungen. Die Bauten alle abzureißen wäre nicht besonders umweltfreundlich, auch wenn Beton mittlerweile recycelt werden kann.
Das Problem, dass schneller mehr Wohnungen gebaut werden müssen, gibt es nach wie vor. Plattenbau heißt jetzt „serielles Bauen“, also Bauen in Serie, mit vorgefertigten Bauteilen. Es soll aber gerade nicht in verlassenen und sanierungsbedürftigen Plattenbauvierteln enden, sondern in flexibleren, nachhaltigeren und grüneren Wohnungen. Vielleicht werden diese Neubaupläne im 21. Jahrhundert nicht mehr so bezeichnet, aber die Idee hinter den Plattenbauten sorgt nach wie vor für so manche Wohnraum-Utopie.