Beton – Alleskönner mit mieser Ökobilanz

Foto: Martina John

Ohne Beton käme der Mensch des 21.Jahrhunderts nicht weit: Jährlich werden weltweit 4,65 Mrd. Tonnen Zement verbraucht, in Deutschland sind es allein 27,5 Mio. Der Baustoff, der vom „trendigen“ Bastelmaterial bis zum architektonischen Stilmittel vielfältige Einsatzmöglichkeiten findet, ist aber weder eine Erfindung der Gegenwart, noch besonders nachhaltig.

Was ist Beton?

Beton ist im Grunde genommen Kunststein. Ein Kubikmeter Festbeton hat eine Masse von knapp 2,5t, die sich nach Massenanteilen in etwa 13/16 Sand und Kies, 2/16 Zement und 1/16 Wasser aufteilen. Der Zement wiederum besteht aus Kalkstein (chemisch Calciumcarbonat, CaCO3) und Ton, die natürlich als Mergel vorkommen. Nach starkem Erhitzen, das „Sintern“ genannt wird, wird das Material fein gemahlen. Bei einer exothermen Reaktion mit Wasser, also einer Reaktion, bei der Energie frei wird, bindet er ab und wird fest.

Es ist die Kuppel des Pantheons in Rom zu sehen.Quelle: Anja Manneck
Schon die Römer kannten Beton: Die Kuppel des Pantheons in Rom

Wer hat Beton erfunden?

Beton hat eine lange Geschichte. Erste Varianten des Betons sind über 10.000 Jahre alt und in den ägyptischen Pyramiden und in der Türkei belegt. Verbessert haben ihn die Römer als Opus caementicium. Die Kuppel des Pantheons in Rom besteht aus Beton, auch Teile des Kolosseums und der berühmten römischen Wasserleitungen.

Lange Zeit danach tat sich nichts. Erst im 18. Jahrhundert wurde das Material weiterentwickelt: Man erkannte, dass für selbsthärtenden Zement Ton hinzugefügt werden muss, dass hingegen Vulkangestein nicht nötig ist. Ferner konnte Kalk künstlich hergestellt werden und es wurde der so genannte Portlandzement entwickelt, der sich etwa aus 58 bis 66 % Calciumoxid (CaO), 18 bis 26 % Siliciumoxid, 4 bis 10 % Aluminiumoxid (Al2O3) und 2 bis 5 % Eisenoxid (Fe2O3) zusammensetzt.

Ab Mitte des 19.Jahrhunderts wurden dann auch erste Wohngebäude aus Beton errichtet. Ein bekanntes Beispiel dafür, das auch besichtigt werden kann, ist die Villa Merkel von 1872/73, die heute die Galerie der Stadt Esslingen beherbergt.

Wie wurde Beton der Baustoff des 20. Jahrhunderts?

Mithilfe von Stahlbeton, bei dem ein Gerüst aus Stahl mit Zement und Beton „verklebt“ wird, gab es immer mehr Möglichkeiten, flexibel zu bauen und neue Bauformen auszuloten. Da Beton günstig, leicht zu formen und stabil ist, war er der ideale Baustoff für den Bauboom des 20. Jahrhunderts. Aus unseren Städten ist er mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Besonders präsent ist Beton im Brutalismus, wo er unverputzt für alle Augen sichtbar zum architektonischen Stilmittel wird.

Man sieht ein Gebäude, das gerade abgerissen wird. Verschiedene Etagen sind zu sehen, Kabel hängen von den Wänden.Quelle: Anja Manneck
Hier steht heute Ikea: Abriss des Karstadt-Gebäudes in Hamburg Altona 2011

Das Problem mit dem Beton

So vielseitig Beton als Baustoff auch ist, so katastrophal ist seine Öko-Bilanz:  Zunächst ist da die Kohlenstoffdioxid-Emission. Für die Herstellung von einem Kubikmeter Stahlbeton werden rund 320-340 kg Kohlenstoffdioxid freigesetzt. Das ist die Menge, die viertausend Bäume an einem Tag umsetzen können.

Rund 10% des weltweiten CO2-Austoßes gehen auf die Herstellung von Zement zurück. Das liegt zum Teil am hohen Energieaufwand für das Brennen von Zement. Der größere Anteil wird aber beim Brennen von Kalkstein zu Branntkalk oder Ätzkalk (chemisch Calciumoxid, CaO) frei. Selbst wenn der Prozess optimal läuft, ist er weltweit für 6% des jährlichen Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes verantwortlich.

Dazu kommt der Abbau von Sand und Kies, die nun mal ein Hauptbestandteil von Beton sind – und eine endliche Ressource. Nur 5% des Sandes, der weltweit vorhanden ist, sind für Beton geeignet, und dieser Bestand schrumpft.

Welche Alternativen gibt es zu Beton?

Hier gibt es zum Glück verschiedene Ansätze, die teils leider noch in den Kinderschuhen stecken:

Recycling

Im Rahmen des Urban Mining lassen sich Materialien, wie z.B. Sand zurück gewinnen. Das gilt auch für Recycling-Beton, wie ihn beispielsweise von der Firma Feeß in Kirchheim unter Teck fertigt. Materialien werden hierfür zerkleinert, gemahlen, ausgewaschen und neu aufbereitet.

Neue Techniken

Durch geänderte chemische Verfahren bzw. durch Veränderungen beim Bindemittel versucht man, die CO2-Emissionen zu begrenzen.

Neue Baustoffe – Living building material

Hier wird es experimentell: An Naturmaterialien wie Pilzmyzel oder Bambus wird schon länger geforscht. Ziemlich neu ist Calciumcarbonat-Beton, der aus Abfällen und Kohlenstoffdioxid einen Baustoff ergibt, der sehr langlebig ist, aber noch nicht ganz an die Festigkeit konventionellen Betons herankommt. Für kleinere Häuser wäre das kein Problem. Am Fachbereich Architektur der Universität Tokio wird daran geforscht, wie Calcium aus Betonschutt gewonnen werden kann und dann mit Kohlenstoffdioxid aus Industriabgasen oder der Luft reagiert – und das bei niedrigeren Temperaturen als beim Kalkbrennen. Als Vorbild dieser Idee dienten Wasserorganismen, die zu fossilem Calciumcarbonat wurden.

Hier findest Du Beton

  • In der Stadt: Die meisten Großstädte haben das, was für früher „Bausünde“ hieß. Schau doch mal beim Mäusebunker in Berlin oder der Deutschen Bundesbank in Hamburg vorbei. Vielleicht hast du ein brutalistisches Lieblingsgebäude?
  • Im Podcast: BETONt, der Podcast von Heidelbergcement, beleuchtet die verschiedenen Facetten des Betons. Klimasünder Beton vom Deutschlanddfunk beleuchtet die Klimafolgen des Baumaterials.
  • Im Bastelladen: Gipsgießen war gestern – von schräg bis schick gibt es mit Gieß- und Knetbeton ein breites DIY-Angebot.

Anja

Mag Nachhaltigkeit, Reisen, Menschen und Kinder.

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