Beton – wir können nicht mit ihm, wir können nicht ohne ihn. Er ist das Fundament, auf dem unsere moderne Welt errichtet wurde. Gleichzeitig ist er eine Gefahr für Umwelt und Klima. Grüne Alternativen müssen her. Eine davon: Carbonbeton.
„Just one word: plastic!“ So lautet einer der ikonischen Sätze in Mike Nichols 1967 erschienenen Kultfilm Die Reifeprüfung. Gerichtet ist er an Benjamin Braddock, gespielt vom jungen Dustin Hofmann. Ein reicher Freund seines Vaters gibt Braddock auf seiner Abschlussfeier diesen Tipp, der ihn auf die Siegerstraße führen soll: „There is a great future in plastic.“ Der Freund des Vaters sollte recht behalten. Plastik hat die Welt im Sturm erobert und findet sich in nahezu jedem Gebrauchsgegenstand. Und es ist gekommen um zu bleiben: Am Land wie auch im Meer sammelt sich der Kunststoff und belastet die Umwelt.
Beton und Zivilisation: Eine Hassliebe
Doch in diesem Artikel soll es nicht um Plastik gehen, sondern um einen Baustoff, der unsere moderne Welt in ähnlicher Weise prägte und prägt – im Guten wie im Schlechten. Die Rede ist von Beton. In Kombination mit Stahl ermöglichte er den Bau riesiger Staudämme, Brücken und Wolkenkratzer. Ohne ihn wären die Metropolen von heute undenkbar.
Gleichzeitig erweist er sich als großes Klimaproblem. Sechs bis acht Prozent der globalen Treibhausgasemissionen entfallen auf die Produktion von Beton. Hauptgrund für die miese Ökobilanz: Zement.
Der Knackpunkt: Das Problem lässt sich nicht allein mit grüner Energie beheben. Zement entsteht, indem Kalkstein auf eine Temperatur von bis zu 1450 Grad erhitzt wird. Ein Drittel der dabei freigesetzten CO2-Emissionen gehen auf das Konto der eingesetzten Brennstoffe. Der größere Anteil entsteht bei der chemischen Reaktion des Brennens selbst: Verbrennt Calciumcarbonat (CaCO3) zu Calciumoxid (CaO) wird dabei C02 abgespalten.
Doch einfach Schluss machen mit Beton ist auch keine Lösung. Bis 2050 könnte die Weltbevölkerung auf 10 Milliarden Menschen anwachsen – das sind rund 2 Milliarden mehr als heute. Es braucht also weiterhin den Alleskönner, um die damit verbundenen Herausforderungen zu meistern. Beton ist flexibel einsetzbar, lässt sich (noch) kostengünstig produzieren und ermöglicht eine sichere Statik von Gebäuden.
The CUBE: Aufbruch in ein neues Betonzeitalter?
Unsere Beziehung zu Beton ist also kompliziert. Wir können nicht ohne ihn, wollen aber nicht mit ihm – zumindest nicht, wenn er sich nicht grundlegend ändert. Allerorts wird daher nach Alternativen gesucht. Fündig wird man unter anderem in Dresden, wo 2022 das weltweit erste Gebäude aus Carbonbeton fertig gestellt wurde – The Cube. Ein futuristischer Bau der TU Dresden, dessen Wand und Decke als doppelt geschwungene Welle konstruiert sind. Dadurch wirkt das Gebäude besonders dynamisch, geradezu filigran.
Doch nicht nur optisch macht The Cube einiges her, auch sein Innenleben ist zukunftsweisend für den Bausektor. In den Betwonwänden befinden sich Carbonfasern, die im Vergleich zu Stahl flexibler, leichter und belastbarer sind.
Was in Bezug auf den CO2-Fußabdruck jedoch von besonderer Relevanz ist: Carbon rostet nicht. Ein dicker Mantel aus Beton, der vor Oxidation schützt, ist nicht nötig. Dadurch können im Vergleich zum Bauen mit Stahl bis zu 80 Prozent an Ressourcen eingespart und die CO2-Emissionen halbiert werden.
‚There is a great future in carbonbeton‘
Somit dient The Cube als Blaupause für eine Zukunft des Bauens. Er zeigt, was heute bereits möglich ist und soll mit dazu beitragen, dass der Bausektor grüner wird. In der Vergangenheit waren synthetisch hergestellte Materialien wie Plastik oder Stahlbeton mit einem großen Zukunftsversprechen verbunden. Doch das war einmal. Neue und darüber hinaus grüne Hoffnungsträger entstehen und regen unsere Vorstellungskraft an. ‚There is a great future in carbonbeton‘.