Trampelpfade entstehen da, wo sich Menschen selbst ihren Weg suchen. Manchmal ist das ein Pfad durch den unwegsamen Wald, manchmal nur die Abkürzung um eine Baustelle herum. Bei näherer Betrachtung folgen diese „Desire Paths“ ihren eigenen Gesetzen und erzählen uns viel über Menschen und ihr Verhältnis zu Natur und Stadtplanung.
Wie entsteht ein Trampelpfad?
Ein Trampelpfad ist ein Weg, der von so vielen Fußgänger:innen hintereinander benutzt wurde, dass die Vegetation niedergetreten („getrampelt“) wurde, bis sie nicht mehr nachwächst und ein bleibender Pfad entsteht.
Jede:r von uns ist schon einmal über einen Trampelpfad gegangen – vermutlich, ohne darüber nachzudenken. Denn gerade in der Stadt gibt es viele kleine Abkürzungen und Umgehungen, die man kaum wahrnimmt. Wege, auf die einen die Füße fast automatisch führen. Oft gegen den Wunsch der Stadtplaner:innen, wie man an den vielen Pfaden quer durch Parks oder über Verkehrsinseln sieht, die den geplanten Routen entgegenlaufen.
Der kürzeste und angenehmste Weg ist eben nicht immer der, den die Stadtplanung vorgesehen hat. Wikipedia spricht von „Wegoptimierung„ – ein Trampelpfad entspricht auch immer einem Bedürfnis. Das kann eine Abkürzung sein, aber auch eine Route mit schönerer Aussicht oder einem attraktivem Ziel. Ist ein Pfad unnötig geworden, verschwindet er dagegen wieder und wächst bei längerer Nichtbenutzung einfach wieder zu.
Uralte Wege
Trampelpfade sind vermutlich die älteste Form menschlicher Verkehrswege. Viele alte Straßen folgen Routen, die ursprünglich bloß grob getrampelte Pfade durch die Wildnis waren. Besonders schön ist das an Hohlwegen zu sehen. Das sind Wege, die sich durch jahrhundertelange Benutzung so tief in die Landschaft gegraben haben, dass die Erde links und rechts hohe Wände formt. Besonders eindrucksvolle Beispiele sind die englischen Hollow Ways in Süd-Dorset oder das Löss-Hohlwegsystem in Alsheim in der Nähe von Worms.
Teilweise waren solche Routen sogar schon vor den Menschen da. Denn auch Tiere folgen Wegen, die Artgenossen ihnen freigetrampelt haben. In den Wäldern Mitteleuropas gibt es Wildwechsel, die Hirsche, Rehe und Wildschweine benutzen, teilweise sogar über Jahrzehnte hinweg. Manche Pfade, über die sich Wildtiere in der afrikanischen Savanne ihre Wege bahnen, sind sogar aus der Luft sichtbar.
Trampfelpfade folgen Regeln
Bahnen sich Menschen oder Tiere ihren Weg durch unwegsames Gelände, folgen diese Wege ungeschriebenen Gesetzen. Kreuzen sich zum Beispiel zwei Trampelpfade, überschneiden sie sich nicht in Kreuzform im rechten Winkel, sondern es bildet sich eher eine Y-Struktur, in der die Wege organisch aufeinander zulaufen.
So zitiert das Redaktionsnetzwerk Deutschland den Physiker und Soziologen Dirk Helbing von der ETH Zürich: „Rechtwinklige Kreuzungen angelegter Wege widersprechen der Natur der Menschen.“ Laut Helbing bildet der Verlauf eines Trampelpfads einen „Kompromiss zwischen Weglänge, Untergrundbeschaffenheit, Sichtbarkeit und anderen Faktoren, wie zum Beispiel der Attraktivität.“
„Desire Paths“
Menschen bewegen sich auf unerschlossenem Gelände wie fließendes Wasser. Wenn man sie lässt, suchen sie sich immer den kürzesten Weg. Wird ein Pfad unpassierbar, zum Beispiel weil ein Baum darauf stürzt oder weil er abgesperrt wurde, bildet sich daneben meist automatisch der nächste.
Als Pfade mit eigenem Willen beschreibt dies auch der Literat und Nature Writer Robert MacFarlane: „paths & tracks made over time by the wishes & feet of walkers, especially those paths that run contrary to design or planning. Free-will ways.“ Und schon zu Beginn des 20. Jahrhundert nannte „Peter Pan“-Erfinder J.M. Barrie Trampelpfade laut „Guardian“ „Paths that have Made Themselves“ – Pfade, die sich selbst erschaffen haben.
Wie bei allen faszinierenden Phänomenen der Alltagswelt, seien es Liminal Spaces oder Neonlichter, hat auch das Internet seine Faszination für Trampelpfade entdeckt. Den „Desire Paths“, möglichst an absurden Orten oder mit besonders eigenwilligen Verlauf, ist zum Beispiel ein stark frequentierter Subreddit gewidmet.
Schaden Trampelpfade der Natur?
Ob Parks oder wilde Berglandschaft – Trampelpfade zeigen, dass Menschen ihre Spuren hinterlassen haben. Das kann auf Kosten der Natur gehen, denn hat sich ein Pfad erstmal etabliert und wird regelmäßig begangen, wächst die Vegetation da so schnell nicht mehr nach. Gerade in Parks und Naherholungsgebieten kann das zum Problem werden. Auf einer feuchten Wiese reichen laut „RND“ schon circa 15 Menschen, die die gleiche Route nehmen, um einen Trampelpfad entstehen zu lassen.
Wird im Park vielleicht nur Rasen zertrampelt, können unkontrollierte Trampelpfade in Naturschutzgebieten seltene Pflanzen oder empfindliche Biotope stören – hier also lieber auf den etablierten Wegen bleiben. Gerade, wenn es um Berg- oder Waldwanderwege geht, sind diese ja auch oft verschlungen und wildromantisch genug.