Ein Ort gegen Rassentrennung: Olmsteds Vision vom Central Park

An einem schönen sonnigen Tag verbringen Menschen ihre Freizeit auf der Wiese im Central Park.
Foto: Unsplash/Hector Argüello Canals

Als 1858 mit den Bauarbeiten am New Yorker Central Park begonnen wurde, war Sklaverei in weiten Teilen der USA noch legal. Neun von zehn Afroamerikaner:innen lebten als Leibeigene auf den Plantagen der Südstaaten. Einer, der sich für die Gleichberechtigung von People of Colour und Weißen einsetzte, war Frederick Law Olmsted. Der Chefarchitekt des Central Park wollte mit dem neu entstehenden Raum einen Ort schaffen, an dem die Rassentrennung aufgehoben wird.

Freiheit und Gleichheit im Central Park?

Olmsted träumte von einer Pilgerstätte, zu der alle Bewohner:innen New Yorks strömen und Inklusion leben würden. Im Central Park sollten „Herden“ von Juden und Christen, irischen und deutschen Einwanderer:innen, People of Colour und Weißen auf großem Raum zusammentreffen. Dahinter stand die Idee, dass Kontakte zwischen unterschiedlichen Menschengruppen eher gelingen, wenn sie in der Freizeit, fernab der Arbeitsstätte geknüpft werden. Am besten in einem unpersönlichen öffentlichem Raum. Eine Vorstellung, die rund ein Jahrhundert später unter dem Stichwort Kontakthypothese in die Wissenschaft einging und bis heute Einfluss auf die Stadtplanung hat.

Dass der Central Park ein Park für alle werden sollte, spiegelt sich in diversen gestalterischen Elementen wider; zum Beispiel in den Zugängen rund um den Park. Statt großer, prachtvoller Parkeingänge, wie sie zur gleichen Zeit zum Beispiel in Paris Mode waren, setzte Olmsted auf einfache Tore. Das bescheidene Design sollte den Besucher:innen signalisieren, dass sie im Park willkommen waren; unabhängig von Hautfarbe, Rang und Namen. Mit dem Vokabular von heute könnte man sagen, Olmsted wollte ein möglichst „niedrigschwelliges Angebot“ für benachteiligte Gruppen gestalten.  

Frederick Law Olmsted: Ein Landschaftsarchitekt gegen Segregation

Olmsteds Interesse an der Rassenfrage erwachte spätestens bei einer Europareise. 1850 überquerte er als junger Mann den Atlantik und besuchte unter anderem England. Liverpool hinterließ bei ihm einen besonders starken Eindruck. Die Stadt war einst das Zentrum des britischen Sklavenhandels gewesen.

Während Olmsted sich mit Liverpools brutaler Geschichte auseinandersetzte, schärfte sich sein Bewusstsein für die Benachteiligung der People of Colour. Nach seiner Rückkehr in die USA beschäftigte er sich weiter mit dem Thema. Er unternahm eine Reise durch die Südstaaten und beschrieb seine Eindrücke in “A Journey in the Seabord Slave States”, bevor es sich dem Projekt Central Park widmete.  

Vision vs. Wirklichkeit: Warum Olmsteds Plan scheiterte

Olmsteds Plan vom Central Park als Ort des Empowerments ging nicht auf. Einerseits, weil Olmsted Fehler machte. Bereits die Auswahl des Ortes, an dem der neue Park entstehen sollte, war unglücklich. Anders als der Name Central Park es vermuten lässt, lag das 341 Hektar große Areal zu Beginn der Bauarbeiten abseits der Stadt. Es wurde seit dem frühen 19. Jahrhundert vor allem von Iren und freien People of Colour bewohnt, die dort ein ländliches Leben führten.

Das Gebiet war also bereits einer der wenigen Orte, an denen Rassentrennung eine untergeordnete Rolle spielte und sich die Gesellschaft von selbst in Richtung Desegregation bewegte. Diese positive Entwicklung wurde mit dem Bau des Central Parks beendet. Die Bewohner:innen mussten das Gebiet verlassen und woanders von vorne anfangen.

Quelle: Unsplah/Jermaine Ee
Als der Central Park Mitte des 19, Jahrhunderts gebaut wurde, lag er weit abseits der Stadt. Foto: Unsplash/Jermaine Ee

Ein weiterer Grund, warum Olmsteds Plan scheiterte, ist die Gentrifizierungs-Dynamik, die mit den Bauarbeiten einsetzte. Die Strahlkraft des neuen Ortes führte dazu, dass Wohlhabende sich rund um den Park ansiedelten. Innerhalb von vierzig Jahren entstanden entlang der Fifth Avenue Einzelhäuser für Reiche, die obere Mittelschicht siedelte sich in Wohnblocks an der Westseite an.

Ende des 19. Jahrhunderts war die Gentrifizierung rund um den Central Park abgeschlossen. Benachteiligte Schichten und Arme kamen nur noch selten dorthin. Statt dessen tummelten sich dort die Privilegierten. 

Die Geschichte des Central Parks ist ein Beispiel dafür, wie Stadtplaner:innen versuchen mit ihren eigenen, gestalterischen Mitteln gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen. Leider ist sie auch ein Beispiel dafür, wie gut gemeinte Vorhaben scheitern. Vor allem im Bereich der Desegregation und sozialen Durchmischung kommt es leider häufiger dazu, dass stadtplanerische Eingriffe den Benachteiligten auf lange Sicht mehr schaden als nützen.  

1 Kommentar

  1. […] sozialer Gruppen beitragen, spielt auch in der Stadtplanung eine Rolle. Ein Beispiel dafür ist der Central Park in New York. Er wurde in den 1850ern, zur Zeit der Rassentrennung, von Frederick Law Olmsted […]

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