Dass Berliner:innen von ihrer großen Stadt meist nur den eigenen Kiez kennen, ist ein Klischee, aber irgendwie eben wahr. Und sogar die, die schon an verschiedenen Ecken der Stadt gelebt haben, kennen sich nicht unbedingt in Spandau aus – ich auch nicht. Zeit für einen Besuch!
Spandau bei Berlin
Wer mit dem Zug von Westen nach Berlin reinfährt, kommt erstmal in Spandau vorbei. Auf der einen Seite des Bahnhofs stehen die Arkaden, auf der anderen das Rathaus. Hinter dem Rathaus kommt bald die Zitadelle Spandau, die ich als großartige Konzert-Location schon kannte. Aber zwischen Rathaus und Zitadelle, in der Altstadt Spandau, war ich vorher noch nie.
Auf der Karte sieht man schon, dass diese Altstadt wirklich alt ist – im 13. Jahrhundert wird Spandau das erste Mal erwähnt. Bis heute hat sich ein interessanter Mix aus alter und neuer Architektur angesammelt, der beim Spazierengehen wirklich Spaß macht. Der zentrale Punkt der Altstadt ist sicher die gotische St. Nikolai Kirche (die leider geschlossen war) – der Turm ist von vielen Punkten aus sichtbar, wie man auf dem Titelfoto sieht. Außerdem fließt die Havel an der Altstadt vorbei, die einmal von Wasser umrundet ist.
Auf Spurensuche im Gotischen Haus
Die Inspiration für diesen Ausflug kam mir, als ich eine Liste der Berliner Museen durchscrollte und mein Blick am Gotischen Haus hängen blieb. Dabei handelt es sich um das älteste noch erhaltene Bürgerhaus in Berlin, und zwar aus dem 15. Jahrhundert. Es ist aus Steinen gebaut – für diese Zeit für Wohnhäuser eher unüblich. Im Laufe der Jahre und Jahrhunderte haben neue Bewohner:innen das Haus um- und ausgebaut.
Innen drin befindet sich nicht nur die Tourist:inneninformation der Altstadt, sondern auch eine wechselnde Kunstausstellung von meist zeitgenössischen Berliner Künstler:innen, und der Hauptgrund für meinen Besuch: ein kleines Museum zur Geschichte des Hauses und damit auch von ganz Spandau. In wunderbar erhaltenen und restaurierten Räumen sind Möbel und andere Alltagsgegenstände ausgestellt, die einen guten Einblick in die verschiedenen Epochen geben.
Der Eintritt ist übrigens frei – eine unbedingte Empfehlung, sollte es euch mal nach Spandau verschlagen.
How to Fußgänger:innenzone
Die Altstadt ist heute eine große Fußgänger:innenzone. Das habe ich auch sofort gemerkt, als ich aus der U-Bahn Station Altstadt Spandau (U7) gekommen war und von der Straße Am Juliusturm in die eigentliche Altstadt abgebogen bin: Ohne Autos ist es sofort ruhiger und entspannter.
Zwischen den vielen Restaurants und Cafés finden sich die bekannten Ketten, aber auch einige inhaber:innengeführte Läden – und erfreulich wenig Leerstand. Eine Sache, die mir sofort aufgefallen ist: überall Bänke, meistens unter schattenspendenden Bäumen. Von hostile architecture habe ich im Gegensatz zu manch anderen Orten in Berlin hier nichts entdecken können. Stattdessen können sich alle Menschen im öffentlichen Raum aufhalten, und an diesem sonnigen Juni-Vormittag wurde das auch rege genutzt: Auf dem Markt und vor den Cafés war einiges los.
Auch am Wasser, zum Beispiel am Lindenufer, ist es ruhig und grün und überall gibt es Sitzgelegenheiten. Sicher ist hier noch Potential, was die zugepflasterten und betonierten Flächen angeht (Stichwort Schwammstadt), aber die Altstadt Spandau ist definitiv ein gutes Beispiel für walkability, für eine Stadt in Laufnähe, wo alles, was benötigt wird, fußläufig erreichbar ist. Apotheken und Optiker:innen habe ich zwar irgendwann nicht mehr gezählt, aber es gibt auch wie erwähnt zahlreiche Restaurants, Cafés, verschiedene Läden, die Stadtbibliothek, ein Kino, die VHS …
Als ich wieder in der U7 saß, war ich auf jeden Fall froh über meinen kleinen Ausflug in der eigenen Stadt, komplett mit einem schönen Museum und mehr Eindrücken davon, was für unterschiedliche Ecken Berlin hat.